FEUER BERGE

FEUER-BERGE

Nach einer angenehm kühlen Nacht belohnt uns der Morgen mit einem rosa Himmel und einem Blick auf gleich mehrere Vulkane. Einer davon stösst alle 20 Minuten eine riesige Rauchwolke aus. Manchmal, bei einer besonders grossen Eruption, hört man sogar ein unheimliches Grollen von weit her.

 

PARADIES AM SEE

Wir sind am Lago de Atitlán auf etwas mehr als 1600 Meter über Meer und blicken auf den Vulkan Fuego in weiter Ferne. Der Franzose Pierre hat hier ein kleines Paradies geschaffen. Sowohl Overlander als auch andere Gäste, die dem eisigen Winter in ihrem Heimatland entfliehen und sich eines seiner wunderbar in die Landschaft eingebetteten Appartements mieten, finden hier nicht zuletzt dank dem allabendlichen Sundowner zusammen ? Wir fühlen uns pudelwohl und verlängern unseren Aufenthalt jeden Tag um einen weiteren und freuen uns über die Gesellschaft und neue Freundschaften.

Ausserdem fürchten wir uns etwas vor der Rückfahrt. Der Atitlan-See liegt in einem riesigen Krater und die Strasse ins Paradies ist steil, wirklich sehr steil! Manch eine Warnung findet sich im Internet, dass dem einen oder anderen bei der Anfahrt die Bremsen durchgebrannt sind. Und auch die letzten Kilometer entlang dem Ufer haben es in sich. In einem der kleinen Dörfer ist Markttag und es gibt fast kein Durchkommen für uns. Kaum haben wir diesen Engpass überwunden, holpern wir nur noch im Schritttempo auf einer staubigen Piste über Schlaglöcher die letzten Meter zu unserem Ziel. Da sitzen wir nun also am See, geniessen die Aussicht und uns fragen uns ab und an, ob wir es die steilen Serpentienen wieder hoch schaffen. Um es gleich vorwegzunehmen: unsere Angst war unbegründet, aber wir brauchen zweimal die Getriebe-Untersetzung beim Hochfahren ?

MARKTTAG

Vor diesen entspannenden Tagen am Atitlan-See besuchen wir Chichicastenango. Jeden Donnerstag und Sonntag findet in der Kleinstadt der grösste und bekannteste Markt Mittelamerikas statt. Die indigenen Einwohner aus den umliegenden Bergdörfern bringen bereits vor Tagesanbruch ihre Waren auf den grossen Platz vor der Kirche Santo Tomás und willige Käufer reisen von weit her an, um die feilgebotenen Güter zu erwerben. Wir fahren schon am Mittwochabend ein, denn am Markttag selbst sind die Strassen hoffnungslos verstopft und es gibt selbst für kleinere Fahrzeuge als unseres kein Durchkommen mehr.

Und tatsächlich, wo wir abends zuvor noch durch leere Gassen geschlendert sind, herrscht am nächsten Morgen reges Markttreiben. Es wird gefeilscht, angepriesen, gehandelt, gelacht und gegessen. Die einheimische Bevölkerung in der gesamten Gegend lebt noch traditionell und vor allem die Frauen kleiden sich entsprechend mit bunten Röcken, Blusen und Tüchern.

DIE ALTE HAUPTSTADT

Etwas später besuchen wir die ehemalige Hauptstadt Antigua. Auch hier verkaufen die Mayas ihre bunten Stoffe und Handwerks-Produkte in den Strassen und Plazas. Das koloniale Antigua ist zwar recht touristisch, aber wir geniessen das europäische Flair mit den netten Cafés und Restaurants. In ihrer Geschichte haben Erdbeben die Stadt mit den bunten Häuserzeilen und den Kopfsteinpflaster-Gassen immer wieder erschüttert. Deshalb wurde 1773, nach einem weiteren verheerenden Beben, die Hauptstadt an den heutigen Standort von Guatemala-Stadt verlegt und viele Gebäude nicht mehr oder nur noch teilweise wiederaufgebaut. So findet man zum Beispiel direkt am Plaza Central die Überreste der eingestürzten Kathedrale San José. Die noch vorhandenen, imposanten Backsteinbögen versprühen ihren eigenen Charme von einer vergangenen Zeit und auch die Ruinen des nahe gelegenen Klosters La Merced mit seinem geometrisch perfekt ausgerichteten Brunnen im Innenhof sind ein Besuch wert.

Der Grund für die häufigen Erschütterungen in der Kolonialstadt sind – der kluge Leser vermutet es richtig – die vielen Vulkane in der nächsten Umgebung. Der Fuego, den wir schon vom Lago de Atitlán in weiter Ferne rauchen sahen, ist nun um einiges näher und regelmässig beobachten wir eine riesige Aschewolke aus seinem Krater aufsteigen.

Schau dich doch in den Ruinen der Kathedrale San José in Antigua selbst etwas um: 

EIN FEUERWERK ZUM ABSCHLUSS

Von Antigua aus hat man die Möglichkeit, den Nachbar-Vulkan des Fuegos, den Acatenango zu besteigen und dann aus nur drei (!!) Kilometer Entfernung den Fuego beim Lava speien zu beobachten. Wir sind gerade etwas faul und haben zuerst so gar keine Lust auf eine steile, anstrengende Wanderung und eine eisige, windige Nacht in einem Zelt mit Temperaturen um den Gefrierpunkt… Letzten Endes überwinden wir aber unseren inneren Schweinehund und entschliessen uns doch für die Wanderung, da der Fuego im Augenblick einer der aktivsten Vulkane der Welt ist und Nacht für Nacht ein unglaubliches Schauspiel bieten soll! Das wollen wir uns doch nicht entgehen lassen…

Früh morgens werden wir direkt an unserem Übernachtungsplatz abgeholt und fahren mit dem kleinen Shuttlebus zum Fusse des Berges. Mit allerhand warmer Kleidung, viel Kameraausrüstung, noch mehr Wasser und einem Essenspaket machen wir uns auf den Weg. Ok, wir haben die uns zur Verfügung gestellten Vorräte noch um ein paar süsse Snacks angereichert um einem allfälligen Zuckertief entgegen zu wirken ? Der Aufstieg ist tatsächlich sehr steil! Die Wanderung beginnt auf 2’400 Meter und steigt während nur 5 Kilometer auf 3’700 Meter hoch! Ab 3’000 Meter wird die Luft bereits dünner und bei jedem Schritt atmen wir ein bisschen schwerer. Wie wird das wohl erst in Südamerika sein? Die Stadt Cusco in Peru liegt auf 3’500 Meter…

Die Nacht wird dann aber einzigartig und entschädigt uns für alle Strapazen! Mehrmals pro Stunde speit der Fuego Rauch und Feuer und wir beobachten dieses Spektakel einen gefühlten Steinwurf entfernt direkt von unserem Zelt aus. Die grummelnden Geräusche des Vulkans die manchmal den Boden vibrieren lassen, die Kälte und die Höhe machen es nicht einfach Schlaf zu finden. Immer wieder stecken wir unsere Köpfe aus dem Zelt und staunen über das Feuerwerk, das die Natur uns bietet.

Am nächsten Morgen schlüpfen wir schon um 4 Uhr aus dem Schlafsack. Wir wollen nochmals Fotos und Videos vom Vulkan schiessen und unseres Erachtens hat sich das Bibbern im Dunkeln gelohnt… Zwei Stunden später bringt der atemberaubende Sonnenaufgang die ersten wärmenden Strahlen und wir ziehen Schicht um Schicht unsere Klamotten aus und lassen die Wärme tief in die Knochen dringen. Nach einem herzhaften Frühstück machen wir uns dann an den Abstieg der nebenbei gesagt ganz schön in die Knie und die Hüfte geht. Müde aber glücklich und um ein weiteres Abenteuer reicher, kommen wir am Mittag des nächsten Tages wieder in Antigua an. Die Bilder im Kopf sowie die schmerzenden Beine werden uns aber noch ein paar Tage begleiten…

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