AM ENDE DER WELT

AM ENDE DER WELT

So haben wir uns das nicht vorgestellt… Nach einer absolut einmaligen, 3-wöchigen Expedition in die Antarktis die uns ebenfalls zu den abgelegenen Falkland-Inseln und bis nach Südgeorgien führte, kommen wir zurück nach Ushuaia und landen in einer anderen Welt! Während der Schiffsreise erhalten wir nur eingeschränkte Information, was auf den anderen 6 Kontinenten dieser Erde gerade geschieht und erst als wir unsere Tour einen Tag früher als geplant beenden müssen, dämmert uns langsam das Ausmass der ganzen Sache…

PLAN B

Wir haben Glück, unser Schiff darf im Gegensatz zu anderen noch andocken und wir können ohne Quarantäne von Bord, stecken aber nun in Ushuaia – wortwörtlich am Ende der Welt – fest. Wir holen ohne Zeit zu verlieren unser Zuhause-auf-Rädern und erfahren aber leider, dass die Grenze zu Chile für den Verkehr bereits geschlossen wurde. Daher beschliessen wir, uns mit allem Notwendigen auszustatten was wir in den kommenden Tagen benötigen. Ein Grosseinkauf mit viel Pasta, Konservendosen und frischem sowie tiefgefrorenem Gemüse (ja, auch Klopapier und Wein sind im Einkaufswagen gelandet) steht als erstes an. Zudem füllen wir Diesel- und Wassertanks und lassen unsere fast leere Gasflasche in der einzigen Propangas-Firma in den letzten Stunden des Normalbetriebs noch befüllen. Und natürlich besorgen wir einen extra Vorrat an Bargeld das auch unter normalen Umständen in Argentinien für Ausländer nicht ganz einfach zu bekommen ist…

 

EIN NEUES ZUHAUSE

Am zweiten Tag erfolgt hier in Ushuaia dann bereits der vollständige «lock down», quasi zeitgleich mit den viel milderen Quarantäne-Vorschriften in der Schweiz! Alle Restaurants und Läden werden geschlossen und es wird sämtlichen Bewohnern verboten sich draussen aufzuhalten ausser man geht als Einzelperson (!) Lebensmittel im Supermarkt einkaufen oder man ist auf dem Weg von der oder zur Arbeit. Die Polizei überwacht die Strassen der Stadt und somit sind wir in unsere Bewegungsfreiheit extrem eingeschränkt da wir mit unserem Gefährt mit ausländischen Kennzeichen auffallen wie ein bunter Hund. Wir beschliessen, dass dies der Augenblick ist um aus unserem rollenden Zuhause auszuziehen und finden glücklicherweise eine nette Wohnung die wir vorerst für zwei Wochen mieten bis die Nationale Quarantäne durch ist.

EIN GANZ NEUER ALLTAG

Es ist nicht ganz einfach nach fast drei Jahren grenzenloser Freiheit sich von heute auf morgen umzustellen und 24 Stunden drinnen zu bleiben. Nach ein paar Tagen neigt sich dann unser Frischgemüse-Vorrat dem Ende zu und einer von uns geht zu Fuss einkaufen. Es dauert nicht lange und der kleine «Einkaufs-Spaziergang» wird zum Höhepunkt des Tages. 😊 Ausserdem profitieren wir von der tollen Internet-Verbindung und unterhalten uns stundenlang mit Freunden, Familie und anderen Reisenden die in einer ähnlichen Situation sind wie wir. Das Netflix-Unterhaltungsprogramm ist ebenso vielfältig wie die Kreativität von Stefans Küche. Da gibt es vom Spanischen Hühnchen an Knoblauchsauce mit Zitronen-Risotto, über Indisches Curry mit selbstgemachtem Naan-Brot bis zu einem guten Argentinischem Steak mit Kartoffelgratin und hausgemachter Chimichurri-Sauce einfach alles. Nach einer halben Packung labbrigem, weissem Tost beschliesst Stefan ausserdem unseren Frühstücks-Tisch von nun an täglich mit selbst gebackenem Hefezopf aufzuwerten und weil das Backen ein guter Zeitvertreib ist gibt es frischen Apfelkuchen zum Nachmittags-Kaffee. 😊 Wir wurden ja schon auf der Antarktis-Cruise mehr als gut genährt und wenn diese Quarantäne noch viel länger anhält, endet es mit einem Waschbärbauch statt Waschbrettbauch.

DIE SUCHE NACH DEM AUSWEG

Thomas vernetzt sich in der Zwischenzeit mit allerhand festsitzenden Reisenden in Ushuaia – es tut gut zu hören, dass wir nicht die einzigen in dieser misslichen Lage sind. Schnell gibt es auch nationale, ja internationale WhatsApp-Gruppen wo Reisende ihre Erfahrungen und Neuigkeiten austauschen. Dank Spanisch-Kenntnissen ist es auch viel einfacher eine Unterstellmöglichkeit für unser Fahrzeug zu finden.

Wir rechnen mittlerweile damit, dass es auf unabsehbare Zeit nicht möglich sein wird mit unserm Auto Feuerland zu verlassen da wir dazu durch Chilenisches Staatsgebiet fahren müssten. Die schlechten Nachrichten aus Europa überschlagen sich täglich und es mehren sich die Anzeichen, dass die Virus-Welle in Kürze auch Südamerika erreichen wird. Daher beschliessen wir unsere Reise vorerst zu pausieren und falls irgendwie möglich in die Schweiz zurückzukehren. Dies ist allerdings einfacher gesagt als getan… Drei Inlandsflüge nach Buenos Aires werden ersatzlos gestrichen und kurz darauf erreicht uns die Hiobsbotschaft, dass «Tierra del Fuego» bis auf weiteres alle seine Flughäfen geschlossen hat. Trotzdem sitzen wir auf gepackten Taschen, da immer wieder Infos über mögliche Militärflüge, Sonderfahrten mit einem Bus oder sonstige Rettungsideen über Nacht auftauchen. Einmal verlassen wir die Wohnung innerhalb von 20 Minuten und rasen zum Flughafen, lassen das schmutzige Geschirr in der Spüle stehen und den Schlüssel vom Auto auf dem Tisch liegen in der Hoffnung mittels einer Argentinischen Air Force Maschine in die Hauptstadt zu gelangen. Leider fliegt auch dieses Flugzeug aufgrund irgendwelcher fehlenden Bewilligungen der unsäglichen Argentinischen Bürokratie leer zurück nach Buenos Aires und unsere Chancen einen der organisierten Rückhol-Flüge der Schweiz oder einem anderen Europäischen Land zu erreichen sinken gegen Null.

 

DER WINTER KOMMT…

Irgendwie haben wir aber ein bisschen Frieden mit der Situation geschlossen – oder versuchen es zumindest… Uns geht es gut, wir sind gesund und die Haare werden jeden Tag länger. Die Wohnung ist geheizt – ein nicht unwichtiger Aspekt, denn in ein bis zwei Monaten liegt hier am Ende der Welt bis zu einem halben Meter Schnee…

Und wir haben ja noch einiges zu tun… Mit der Berichterstattung auf unserem Blog sind wir Monate im Verzug und alleine von der Antarktis-Expedition liegen auf Stefans Computer einige tausend Bilder die sortiert & bearbeitet werden müssen. In diesem Sinne liebe Leser, haltet die Augen offen für weitere Newsletter. 😊

Stecknadel

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